Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung
Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung Nr. 1/2025 des Landrats des Schwalm-Eder-Kreises zum Schutz vor der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI)
vom 30.10.2025, AZ 12.81.40 – Geflügelpest
- Aufstallungspflicht für das Gesamtgebiet des Schwalm-Eder-Kreises
- Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen
- Verbot der Durchführung von Veranstaltungen
Aufgrund des Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 55 und Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/429 der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664) in der zurzeit gültigen Fassung in Verbindung mit § 4 Absatz 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2020 (BGBl. I S. 1170) bzw. in der zurzeit gültigen Fassung, ergeht für den Schwalm-Eder-Kreis folgende
Allgemeinverfügung
I. Aufstallungspflicht für das Gesamtgebiet des Schwalm-Eder-Kreises:
Wer in dem Gebiet des Schwalm-Eder-Kreises Geflügel im Sinne des Artikel 4 Nummer 9 der Verordnung (EU) 2016/429 hält, hat dieses Geflügel mit Wirkung vom Tag der auf die Bekanntmachung dieser Allgemeinverfügung folgt
a. in geschlossenen Ställen oder
b. unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenabgrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung),
zu halten.
Ausnahmen im Einzelfall nach § 13 Abs. 3 Geflügelpest-Verordnung bedürfen der Genehmigung meiner Behörde (siehe Hinweise).
II. Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen
Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten darf/dürfen aus dem Schwalm-Eder-Kreis zum Zwecke der Teilnahme an Börsen, Märkten sowie Veranstaltungen ähnlicher Art nicht verbracht werden.
III. Verbot der Durchführung von Veranstaltungen
Überregionale Börsen und Märkte sowie Veranstaltungen ähnlicher Art, bei denen Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten gehandelt oder zur Schau gestellt wird/werden, sind im Schwalm-Eder-Kreis verboten.
IV. Sofortige Vollziehung
Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im überwiegend öffentlichen Interesse angeordnet.
V. Inkrafttreten
Diese Verfügung gilt an dem auf die ortsübliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben. Diese Verfügung sowie ihre Begründung können
- jederzeit auf der Homepage des Schwalm-Eder-Kreises (www.schwalm-eder-kreis.de)
- oder zu den Geschäftszeiten der Veterinärverwaltung im Verwaltungsgebäude Hans-Scholl-Straße1, Gebäude 5, 34576 Homberg (Efze)
eingesehen werden.
Begründung:
I.
Am 30.10.2025 erfolgte durch das Nationale Referenzlabor des Friedrich-Löffler-Instituts der Nachweis von hochpathogenen Aviären Influenza A Viren (H5) bei einem im Kreisgebiet des Schwalm-Eder-Kreises verendet aufgefundenem Wildvögel (Kranich). Damit wurde der Ausbruch der Geflügelpest im Sinne des Artikel 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2020/689 vom 17. Dezember 2019 in der aktuell gültigen Fassung bestätigt.
Die Geflügelpest ist eine durch Influenza A-Viren ausgelöste hochansteckende Infektionskrankheit, die zu schweren klinischen Erkrankungen bis hin zum Tod der infizierten Vögel führt. Alle Geflügelarten, aber auch viele Wildvogelarten sind hochempfänglich für die Infektion. Bei Hühnern und Puten können innerhalb weniger Tage bis zu 100 % der Tiere erkranken und sterben. Enten und Gänse erkranken oftmals weniger schwer, die Krankheit führt bei diesen Tieren nicht immer zum Tod und kann bei milden Verläufen gänzlich übersehen werden. Infizierte Tiere scheiden den Erreger massenhaft mit dem Kot sowie mit Schleim oder Flüssigkeit aus Schnabel und Augen aus. Kranke oder verendete Vögel sowie deren Ausscheidungen, insbesondere der Kot, stellen somit Infektionsquellen dar. Wildlebende Wasservögel sind natürliche Reservoirwirte für das Virus der Geflügelpest.
Lage in Europa und Deutschland
Im Zeitraum vom 01.09.25 bis 20.10.25 wurden europaweit 64 Ausbrüche bei Geflügel und gehaltenen Vögeln aus Deutschland (15), Spanien (13), Polen (10), Frankreich (5), Italien (4), Bulgarien (3), dem Vereinigten Königreich, Dänemark und Portugal (je 2), der Tschechischen Republik, der Slowakei, Nordmazedonien, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Norwegen und Irland (je 1) gemeldet. Die Nachweise betrafen H5N1, lediglich zwei Nachweise in Frankreich (H5) wurde nicht weiter typisiert gemeldet. Im Berichtszeitraum wurden 106 HPAIV H5N1-Fälle bei Wildvögeln gemeldet. Betroffen waren neben Deutschland (n=11 s.o.) das Vereinigte Königreich (22), Spanien (n=25), Norwegen (15), Österreich (n=8), Frankreich und Portugal (je 5), Lettland, die Niederlande und Dänemark (je 3), Italien (2) sowie Schweden, Ungarn, Island und Polen (je 1). Norwegen und Island meldeten insgesamt noch 5 HPAIV H5N5 Infektionen (Norwegen=1; Island=4), Island und Belgien noch je einen nicht feintypisierten H5-, Portugal einen nicht feintypisierten H7- Fall. Europaweit wurden im Berichtszeitraum keine HPAIV H5 bei Säugetieren gemeldet.
Zwischen dem 01. September und 20. Oktober 2025 wurden in Deutschland 15 HPAIV H5N1- Ausbrüche bei Geflügel in sieben Bundesländern festgestellt. Betroffen waren Hühner, Gänse, Enten und Puten mit den Produktionsrichtungen Mast, Zucht- und Legehennenbetriebe. Der größte betroffene Betrieb war ein Masthuhneltern-Vermehrungsbestand in Mecklenburg-Vorpommern mit über 35.000 Tieren.
Insgesamt wurden im Berichtszeitraum 11 Funde von mit HPAIV H5N1 infizierten Wildvögeln gemeldet.
In seiner aktuellen Risikobewertung mit Stand vom 20.10.2025 stuft das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) das Risiko von HPAIV H5-Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln als hoch ein.
Schwalm-Eder-Kreis
Der Zug der Wildvögel in vollem Gange und hat in den vergangenen zwei Wochen nochmals stark zugenommen. Gewässergebiete – wie z. B. an Fulda, Eder und Schwalm – stellen dabei bevorzugte Rast- und Sammelplätze der Zugvögel dar. Wenngleich das Risiko eines Eintrags von Geflügelpest-Viren im Bereich solcher Plätze besonders hoch ist, so besteht dennoch im gesamten Gebiet des Schwalm-Eder-Kreises das deutlich erhöhte Risiko direkter oder indirekter Kontakte zu Wildvögeln, wie das aktuell hochdynamische Geschehen in Hessen und angrenzenden Bundesländern zeigt. Täglich werden neue Funde toter Wildvögel – aktuell mit auffallend hohem Anteil an Kranichen – gemeldet. Auch im Schwalm-Eder -Kreis wurden in den vergangenen drei Wochen mehrere tot aufgefundene Wildvögel gemeldet, eingesammelt und beprobt. Die Anzahl der Funde ist in den vergangenen Tagen noch einmal deutlich gestiegen. Die Fundorte sind dabei über das gesamte Kreisgebiet verteilt.
Die Risikoanalyse für den Schwalm-Eder-Kreis unter Berücksichtigung der hohen Anzahl der geflügelhaltenden Betriebe, sowie der hohen Geflügeldichte (Großteil der Kommunen weist eine Geflügeldichte von mehr als 300 Tieren pro Quadratkilometer auf) im Schwalm-Eder-Kreis hat das Ziel einen Eintrag in die Geflügelhaltungsbetriebe effektiv zu verhindern. Zum Schutz vor einem Eintrag und einer möglichen Weiterverbreitung von Geflügelpest-Viren müssen die einschlägigen Biosicherheitsmaßnahmen konsequent eingehalten werden. Von größter Wichtigkeit sind hier Maßnahmen, die eine vollständige Vermeidung direkter oder indirekter Kontaktmöglichkeiten zwischen Geflügel und Wildvögeln zum Ziel haben.
Der Nachweis von HPAI H5 durch das Friedrich-Löffler-Institut bei einem Wildvogel, sowie der Verdacht auf weitere infizierte Wildvögel (positive Befunde durch den Landesbetrieb Hessisches Landeslabor), welche über das gesamte Kreisgebiet des Schwalm-Eder-Kreises verteilt aufgefunden wurden, weist darauf hin, dass das Virus aktuell in der umliegenden Wildvogelpopulation zirkuliert.
II.
Die in der Verordnung (EU) 2016/429 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 festgelegten seuchenspezifischen Bestimmungen zur Bekämpfung von Seuchen gelten gemäß Artikel 5 für gelistete Seuchen und gemäß Artikel 8 dieser Verordnung für gelistete Arten.
Bei der Geflügelpest handelt es sich gemäß Artikel 5 Abs. 1 Buchst. a Ziffer iv der Verordnung (EU) 2016/429 in der aktuell gültigen Fassung um eine gelistete Seuche, die gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 vom 3. Dezember 2018 in der aktuell gültigen Fassung der Kategorie A zugeordnet wird. Unter der Kategorie A sind Seuchen gelistet, die normalerweise nicht in der EU auftreten und für die unmittelbaren Tilgungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, sobald sie nachgewiesen werden. Somit sind die in der Verordnung (EU) 2016/429 festgelegten seuchenspezifischen Bestimmungen im Falle des Verdachts auf oder der amtlichen Bestätigung der Geflügelpest bei den in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 gelisteten Arten (Aves) anzuwenden.
Zu Ziffer I (Aufstallung):
Gemäß Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Geflügelpestverordnung ist eine Aufstallung des Geflügels von der zuständigen Behörde anzuordnen, soweit dies auf Grundlage einer Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist.
Das Risiko eines Eintrags des Virus der hochpathogenen aviären Influenza ist in Freilandhaltungen deutlich höher als bei Betrieben mit Stallhaltung.
Nach Durchführung der Risikobewertung gem. § 13 Abs. 2 Geflügelpestverordnung ist aufgrund der Risikoeinschätzung des FLI, des nachgewiesenen Vorkommens von hochpathogenem aviären Influenzavirus vom Subtyp H5 in der Wildvogelpopulation, der hiesigen Gegebenheiten (Nachweis im Schwalm-Eder-Kreis), der aktuell hohen Wildvogeldichte im Rahmen des Vogelzugs sowie der hohen Geflügeldichte im Kreisgebiet, eine Aufstallung des Geflügels im gesamten Kreisgebiet anzuordnen um die Einschleppung des Virus der hochpathogenen aviären Influenza durch Wildvögel in Nutztierbestände zu vermeiden. Die getroffene Anordnung habe ich in Ausübung des mir hierbei zustehenden Ermessens getroffen, um das Risiko einer Einschleppung der Tierseuche in Hausgeflügelbestände und eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Entgegenstehende Interessen von Tierhaltern müssen gegenüber den Interessen an der Bekämpfung der Tierseuche zurückstehen. Die getroffene Anordnung ist geeignet und erforderlich, um den oben geschilderten Zweck zu erreichen. Durch die Aufstallung des Hausgeflügels wird das Risiko eines direkten und indirekten Kontakts mit infizierten Wildvögeln minimiert.
Das Virus der Aviären Influenza wird vor allem durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, aber auch über Kot und andere durch Ausscheidungen von infizierten Tieren kontaminierte Materialien wie Einstreu übertragen. Hierbei spielen Wildvögel als Eintragsquelle eine wichtige Rolle – besonders Wasservögel, da sie infiziert sein können und den Erreger ausscheiden, ohne selbst Krankheitssymptome zu zeigen. Freilandhaltungen und Stallhaltungen, bei denen keine adäquate Schutzvorrichtung gegen das Eindringen von Wildvögeln besteht, sind besonders gefährdet, da ein direkter Kontakt mit infizierten Wildvögeln und kontaminiertem Material naturgemäß möglich ist.
In Anbetracht dieser Gegebenheiten ist gemäß Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest die Anordnung der Aufstallung im Gesamtgebiet des Schwalm-Eder-Kreises erforderlich, um die Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel zu vermeiden.
Zu Ziffer II (Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen):
Gemäß Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe e) i. V. m. Artikel 70 Absatz 1 Bst. b und 2 der VO (EU) 429/2016 kann die zuständige Behörde zur Vorbeugung von Tierseuchen und deren Bekämpfung Verfügungen über Verbote und Beschränkungen des Verbringens von gehaltenen Tieren erlassen. Mit der Teilnahme von Tieren aus Risikobereichen an Veranstaltungen besteht die Gefahr einer massiven Verbreitung der hochpathogenen aviären Influenza durch das Zusammentreffen von Geflügel und gehaltenen Vögel anderer Arten aus verschiedenen Tierbeständen sowie durch Personen, die möglicherweise in Kontakt mit Infektionsquellen gekommen sind. Bei der Ausübung des mir insoweit zustehenden Ermessens habe ich mich davon leiten lassen, dass wirksame Regelungen zur Verhinderung einer Weiterverschleppung der Tierseuche getroffen werden müssen. Da Geflügel bereits mit dem Virus infiziert sein kann bzw. gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten das Virus passiv weitertragen können, ist es erforderlich, zu verhindern, dass das Virus über diese Tiere nach einer Teilnahme an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art weiter verschleppt wird. Für das im Schwalm-Eder-Kreis gehaltene Geflügel und die dort gemeinsam mit Geflügel gehaltenen Vögel anderer Arten besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Das Interesse von Tierhaltern von Vögeln aus dem Schwalm-Eder-Kreis, mit ihren Tieren an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art teilzunehmen, muss gegenüber dem Interesse an einer Bekämpfung der Geflügelpest zurücktreten. Die getroffene Maßnahme ist verhältnismäßig sowie erforderlich und geeignet, um den tierseuchenrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen.
Zu Ziffer III (Verbot der Durchführung von Veranstaltungen):
Gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bst. b trifft die zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen entsprechend Artikel 70 Absatz 2 der Verordnung (EU) 429/2016. Gemäß Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung (EU) 429/2016 kann die zuständige Behörde zusätzliche notwendige Maßnahmen ergreifen, um die weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. In Vernehmen mit § 4 Absatz 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2020 (BGBl. I S. 1170) bzw. in der zurzeit gültigen Fassung kann die zuständige Behörde Veranstaltungen beschränken oder verbieten, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist. Das gemäß Ziffer III. dieser Verfügung angeordnete Verbot von überregionalen Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art im Schwalm-Eder-Kreis, bei denen die in Ziffer III. genannten Tiere empfänglicher Art verkauft oder zur Schau gestellt werden, ist erforderlich, da durch den bei solchen Veranstaltungen gegebenen engen Kontakt von Vögeln ein bislang nicht abschätzbares Infektionsrisiko besteht und durch einen Verkauf bzw. die Rückkehr der Vögel in ihre Herkunftsbestände eine Verschleppung des Virus in weitere Regionen über potentiell infizierte Vögel möglich ist. Das Risiko, dass das Virus durch Aussteller und Besucher auch in geschlossene Ausstellungshallen eingetragen wird, ist innerhalb der Risikogebiete als besonders hoch anzusehen. Da Geflügel bereits mit dem Virus infiziert sein kann bzw. gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten das Virus passiv weitertragen können, ist es erforderlich, zu verhindern, dass das Virus über diese Tiere nach einer Teilnahme an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art weiter verschleppt wird. Insbesondere bei überregionalen Veranstaltungen besteht die Gefahr einer massiven Verbreitung der hochpathogenen aviären Influenza durch das Zusammentreffen von Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltenen Vögel anderer Arten aus verschiedenen Tierbeständen sowie durch den Personenverkehr. Die unter Ziffer III. getroffene Anordnung habe ich in Ausübung des mir hierbei zustehenden Ermessens getroffen, um das Risiko einer Weiterverschleppung der Tierseuche zu verhindern. Entgegenstehende Interessen von Veranstaltern, Teilnehmern oder Besuchern solcher Veranstaltungen müssen gegenüber den Interessen an der Bekämpfung der Tierseuche zurückstehen. Die getroffene Anordnung ist geeignet und erforderlich, um den oben geschilderten Zweck zu erreichen.
Zu Ziffer IV (sofortige Vollziehung):
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung beruht auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686). Die Anordnung ist im öffentlichen Interesse notwendig, um eine Verschleppung des Seuchenerregers zu verhindern.
Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hoch ansteckende Erkrankung mit starker Ausbreitungstendenz, die zu erheblichen Gefahren für das Tierwohl führt und neben hohen Tierverlusten auch massive wirtschaftliche Einbußen der betroffenen Betriebe verursacht. Zudem ist zu befürchten, dass der Ausbruch der Geflügelpest zu rigorosen Handelsbeschränkungen führen wird. Die effektive Verhinderung erheblicher tiergesundheitlicher und wirtschaftlicher Schäden ist höher zu bewerten als das entgegenstehende Interesse Einzelner, von den Folgen der getroffenen Anordnung verschont zu werden. Im überwiegenden öffentlichen Interesse muss daher sichergestellt werden, dass die getroffenen Anordnungen sofort vollzogen werden können. Die Behörde kann sich nicht auf die aufschiebende Wirkung etwaiger Rechtsbehelfe und der damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen hinsichtlich der Umsetzung der Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung der Seuche einlassen. Denn ohne die sofortige Geltung der angeordneten Regelungen steigt die Gefahr, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet und dadurch erhebliche volkswirtschaftliche Schäden und in Einzelfällen Existenzgefährdungen verursacht werden. Nur wenn die angeordneten Maßnahmen sofort und umfassend greifen, kann das Risiko einer Übertragung der Tierseuche begrenzt werden. Private und wirtschaftliche Interessen Einzelner, die der Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegenstehen, müssen daher zurückstehen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist verhältnismäßig und greift nicht unzulässiger Weise in schützenswerte Rechtsgüter ein.
Begründung der sofortigen Vollziehung für die Aufstallung:
Die Aufstallungspflicht ist mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu versehen, um den Eintrag der Geflügelpest in Geflügelbestände durch Wildvögel zu verhindern. Es besteht ein übergeordnetes Interesse daran, die Einschleppung der Tierseuche in Hausgeflügelbestände zu verhindern und eine Weiterverschleppung aus einem möglicherweise betroffenen, jedoch noch nicht als infiziert erkannten Bestand wirksam zu verhindern. Das überwiegende Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Tierseuchenbekämpfung erfordert, dass die Pflicht zur Aufstallung des Geflügels sofort und umfassend greift und dessen Wirksamkeit nicht durch die Einlegung von Rechtsbehelfen für geraume Zeit gehemmt wird.
Begründung der sofortigen Vollziehung für das Verbot des Verbringens zu Veranstaltungen:
Das Verbot, Vögel aus den Risikogebieten auf Börsen, Märkte oder Veranstaltungen ähnlicher Art zu verbringen ist mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu versehen, um die Ein- und Weiterverschleppung der Tierseuche von Vögeln, die in den betroffenen Gebieten bereits infiziert worden sein könnten, auf die auf den Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ausgestellten Vögel zu verhindern. Es ist im überwiegenden öffentlichen Interesse, dafür Sorge zu tragen, dass das genannte Verbot sofort greift und dessen Wirksamkeit nicht durch die Einlegung von Rechtsbehelfen für geraume Zeit gehemmt wird. Das private Interesse von Personen, ihre Tiere auf derartige Veranstaltungen zu verbringen, muss gegenüber dem überwiegenden Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Tierseuchenbekämpfung zurückstehen.
Begründung der sofortigen Vollziehung für das Verbot von Veranstaltungen:
Hinsichtlich der Anordnung des Verbots von Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ist die sofortige Vollziehung erforderlich, da ein übergeordnetes Interesse daran besteht, die Ein- und Weiterverschleppung der Tierseuche von Vögeln, die in den betroffenen Gebieten bereits infiziert worden sein könnten, auf die auf den Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ausgestellten Vögel zu verhindern. Durch das Verbot wird die Gefahr der Verschleppung durch Kontakte zwischen den Tieren unterschiedlicher Herkünfte und mit Personen, die möglicherweise in Kontakt mit Infektionsquellen gekommen sind, vermieden. Dies wäre nicht möglich, wenn die sofortige Wirksamkeit des Verbots durch die Einlegung von Rechtsbehelfen verhindert würde.
Zu Ziffer V (Inkrafttreten):
Gemäß § 41 Abs. 4 S. 3 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) in der aktuell gültigen Fassung gilt der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 HVwVfG kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden. Zur Verhütung der Weiterverbreitung der Geflügelpest wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Zuständigkeit:
Meine Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und der Ernährungssicherstellung und –vorsorge (VLEVollzG) vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229, 232) in der zurzeit gültigen Fassung, da in der Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Veterinärwesen und bei der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung vom 8. November 2010 (GVBl I 354, 358) in der zurzeit gültigen Fassung keine abweichende Zuständigkeit begründet wurde.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch bei meiner Behörde erhoben werden.
Gegen die angeordnete sofortige Vollziehung kann gem. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Verwaltungsgericht in 34119 Kassel, Goethestraße 41-43, Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden. Infolge der Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Anordnungen hat der eingelegte Widerspruch in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung.
Hinweise:
A. Ordnungswidrig i. S. des § 64 Nr. 14b der Geflügelpest-Verordnung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664) i. V. m. § 32 Abs. 2 Nr. 4 Bst. a des Tiergesundheitsgesetzes und i. S. des § 32 Abs. 2 Nr. 3 des Tiergesundheits-gesetzes vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938) handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwi derhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
B. Meine Behörde kann gemäß Artikel 70 Abs. 1 Buchstabe b und Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 55 Absatz 1 Buch stabe d der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügel pest Ausnahmen von der in dieser Verfügung angeordneten Aufstallungspflicht genehmigen, soweit
1. eine Aufstallung
a) wegen der bestehenden Haltungsverhältnisse nicht möglich ist oder
b) eine artgerechte Haltung erheblich beeinträchtigt ist
2. sichergestellt ist, dass der Kontakt zu Wildvögeln auf andere Weise wirksam unterbunden wird, und
3. sonstige Belange der Tierseuchenbekämpfung nicht entgegenstehen.
C. „Geflügel“ gemäß Artikel 4 Nummer 9 der Verordnung (EU) 2016/429 sind Vögel, die zu folgenden Zwecken in Gefangenschaft aufgezogen oder gehalten werden:
a) Erzeugung von
i. Fleisch;
ii. Konsumeiern;
iii. sonstigen Erzeugnissen;
b) Wiederaufstockung von Wildbeständen;
c) Zucht von Vögeln, die für die Arten der in Buchstaben a und b genannten Erzeugung verwendet werden.
D. Gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) 2016/429 sind Unternehmer (= alle natürlichen oder juristischen Personen, die für Tiere oder Erzeugnisse verantwortlich sind, auch für einen begrenzten Zeitraum) in Bezug auf die gehaltenen Tiere und die Erzeugnisse in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich für die Gesundheit der gehaltenen Tiere und die Minimierung des Risikos hinsichtlich der Ausbreitung von Seuchen. Sie ergreifen zu diesem Zweck geeignete Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren. Daraus ergibt sich die Pflicht des Unternehmers die einschlägig empfohlenen Biosicherheitsmaßnahmen unbedingt konsequent einzuhalten, um das Geflügel vor einem Eintrag und der möglichen weiteren Verbreitung von HPAIV-Infektionen zu schützen. Grundsätzlich ist die Errichtung effektiver physischer Barrieren zwischen den Habitaten von wilden Wasservögeln (z.B. Gewässer, Felder, auf denen sich Gänse, Enten oder Schwäne sammeln) und den Geflügelhaltungen wesentlich. Die Aufstallung von Geflügel und weitere Biosicherheitsmaßnahmen minimieren das Risiko eines direkten und indirekten Kontakts mit infizierten Wildvögeln. Berücksichtigt werden müssen zudem indirekte Eintragswege wie kontaminiertes Futter, Wasser oder verunreinigte Einstreu und Gegenstände (Schuhwerk, Schubkarren, Fahrzeuge usw.). Diese sind zu unterbinden und geeignete Desinfektionsmaßnahmen vorzusehen. Die Gefahr einer Verschleppung von Infektionen zwischen Geflügelhaltungen sollte durch ein sicheres Hygienemanagement minimiert werden; dies beinhaltet insbesondere die wirksame Reinigung und Desinfektion von Kleidung, Schuhen, Geräten und Fahrzeugen.
Homberg (Efze), den 30. Oktober 2025
Der Landrat des Schwalm-Eder-Kreises
in Vertretung
gez.
Jürgen Kaufmann
Erster Kreisbeigeordneter
Diese Allgemeinverfügung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.
Homberg (Efze), den 30. Oktober 2025
Der Landrat des Schwalm-Eder-Kreises in Vertretung
Jürgen Kaufmann, Erster Kreisbeigeordneter
Hinweis: Diese Allgemeinverfügung wird mit Begründung auf der Internet-Seite des Schwalm-Eder-Kreises unter www.schwalm-eder-kreis.de bekannt gemacht.
