Ich sah dich kaum und war dir gut,
Ließ meinen Blick in deinem ruhn;
Da wußt' ich's: dieses junge Blut
Will seine erste Sünde tun.

Zur Nische komm aus dem Gewühl!
Wir sind allein ... Der Pfropfen knallt ...
Vom Tisch die Rosen duften schwül,
Und deine Händchen werden kalt.

Und deine Augen werden heiß
Und süßer Zärtlichkeit so voll,
Und sagen alles, was ich weiß,
Und was die Larve bergen soll. - -

Zu Haus' ein Stübchen grau und schmal,
Ein Tisch, ein Bett, ein Stuhl darin -
Und hier im lichtdurchwogten Saal
Für einen Abend - Königin!

Dein Stübchen hoch, vom Rauch umkreist,
Drin nähst du, im geflickten Rock.
Am Fenster, was dein Frühling heißt,
Ein Hänfling, ein Geranienstock ...

Du nähst an fremden Glückes Pracht,
Und Sehnsucht klingt dir durch den Sinn;
Du träumst von einer lauten Nacht,
Von einer Nacht als Königin.

Von Prinzen, die du stolz verschmähst,
Von einem, dem dein Page winkt ...
Und aus der Seide, die du nähst,
Das bunte Leben lockt und blinkt.

Du hast gemüht dich, hast gewacht,
Den Traum erkämpft dir, Stich um Stich;
Dein ist der Abend, dein die Nacht,
Dann kommt der Morgen - schad' um dich! ...

Wie seltsam doch, daß ich dich fand!
Mit Lippen, noch vom Sekt beträuft,
Küss' ich die Ader deiner Hand,
Die wie durch weißen Marmor läuft.

Du lächelst selig; und dein Blick
Weiß nichts von Sturm und Blätterfall - -
Still, Kind, ich rühr' nicht an dein Glück,
Komm, gehn wir tanzen! ... Karneval!

Rudolf Presber